
Dein Pferd ist fest im Rücken, aber du hast häufig das Gefühl, beim Aufwärmen fürs Pferd zu viel Zeit zu verlieren? Warum eigentlich? Besonders die Aufwärmphase ist mega wichtig für dein Pferd und eines der wichtigsten (und by the way einfachsten) Puzzlestücke, das du einsetzen kannst um Rückenverspannungen und Verletzungen vorzubeugen!
Fühlst du dich ertappt? 😳 Sehr gut 😁 Genau deshalb erkläre ich dir in diesem Beitrag warum das richtige Aufwärmen euer Gamechanger sein kann, welche Übungen sich dafür eignen und verrate dir die 5 goldenen Regeln, wie richtig gutes Warmreiten im Physio-Style aussieht, damit du Rückenschmerzen bei deinem Pferd verhinderst.
(Kennst du eigentlich schon meinen Rücken Relax Plan? Physio pur für Pferde mit Rückenschmerzen!)
Zurück zum Aufwärmen…
Wozu dient die Aufwärmphase fürs Pferd?
Wenn du mich schon ein bisschen kennst weißt du, ich sehe meine Rolle als Pferdephysio nicht nur darin, Probleme zu „reparieren“, sondern es ist mir super wichtig, dass du immer verstehst, WAS wir mit unseren Pferden machen damit es für dich anschließend total logisch ist, WARUM der eine Weg gut ist für dein Pferd und der andere Weg eben nicht.
Unterschied zwischen Ruhe und Anstrengung beim Pferd
Egal, was du mit deinem Pferd heute machst – Dressurtraining in der Halle, eine Runde ums Feld mit deiner Freundin oder zum Lehrgang fahren – Für den Muskelstoffwechsel deines Pferdes gibt es einen physiologischen Unterschied zwischen Ruhe und Anstrengung: 😴🏃♀️➡️
Schon im Ruhezustand, also in der Box, auf der Weide oder auch beim Schlafen, benötigt der Körper deines Pferdes eine beachtliche Energiemenge zur Erhaltung der vitalen Grundfunktionen. Dein Pferd ist quasi im Standby.
Bei körperlicher Aktivität verbraucht der Organismus natürlich mehr Energie als in Ruhe – also werden die Systeme hochgefahren:
- das kardiovaskuläre System passt sich an, indem es die Herzfrequenz erhöht, die Gefäße erweitert und die Herzleistung hochfährt
- die Atemfrequenz und der Sauerstoffverbrauch werden erhöht
- dabei produziert der Körper auch mehr Abfallstoffe (wie z. B. Milchsäure)
- die Körpertemperatur steigt, um mehr Energie zu produzieren
- das Pferd beginnt, zu schwitzen, um die überschüssige Hitze abzugeben
- die Muskeln speichern mehr Flüssigkeit
- die Produktion der Gelenkschmiere erhöht sich, die Gelenke werden „gängiger“, die Beweglichkeit nimmt zu.
- die Belastbarkeit des Bewegungsapparates sowie die Energiebereitstellung verbessern sich.
- die Reaktions– und Kontraktionsgeschwindigkeit der Muskulatur steigt, das Pferd kann reiterliche Hilfen besser und schneller umsetzen.
- die mentale Leistungsbereitschaft steigt an, nervöse Spannungszustände bauen sich ab, dein Pferd kann sich besser auf dich und die gestellten Aufgaben konzentrieren.
Diese Liste lässt sich noch weiter fortsetzen… Das alles soll dir aufzeigen, dass dein Pferd nicht einfach mal eben vom „Ruhezustand“ zur „Anstrengung“ übergehen kann und gutes Aufwärmen einfach mega wichtig ist.
Das Warmreiten sorgt also durch den systematischen Aufbau der Übungen für einen durchdachten Übergang vom Ruhemodus zur Leistungsbereitschaft und ist deshalb so enorm wichtig für die Gesunderhaltung deines Pferdes. Nicht nur der Rücken, sondern alle Muskelzellen, Gelenke, Sehnen, Bänder und letztendlich auch das Gehirn und das Nervensystem sind in „positiver Alarmbereitschaft“ – bereit für kommende Aufgaben.
Aufwärmen fürs Pferd vs. Aufwärmen für Reiter?

Wenn du und ich Sport treiben, ist es völlig normal, dass wir uns vorher aufwärmen. Egal ob du joggen gehst, Tennis spielst oder Pilates machst: Bevor es „richtig losgeht“, wärmst du dich auf.
Meistens sieht das dann in etwa so aus:
- Ein paar Minuten joggen, um warm zu werden und deinen Kreislauf anzukurbeln
- Übungen wie Fersen- und Knieanziehen, Schulterkreisen und „Äpfel von Baum pflücken“ um die Gelenke zu schmieren und den Bewegungsumfang zu vergrößern
- Je nach Sportart vielleicht noch einige kurze Sprints
Was, wenn du dein Pferd so aufwärmen würdest?
Wie sieht also richtiges gutes Aufwärmen für dein Pferd im Physio-Style aus?
Zunächst sollte dein Pferd mindestens 10, besser 20 Minuten am hingegebenen Zügel Schritt gehen, also erstmal ganz allgemein aufgewärmt werden. Klar, wissen wir alle… 🙄
Aber was passiert dabei aus Physio-Sicht?
In dieser Zeit kann sich der Körper deines Pferdes auf die veränderten, körperlichen Anforderung einstellen:
- regelmäßiges An- und Abspannen der Muskulatur,
- Wechsel zwischen Beugung und Streckung der Gelenke,
- bessere Ernährung der Gelenkknorpel, wodurch sich die Pufferfunktion erhöht,
- die Faszien werden geschmeidig,
- Anpassung an die anderen Gleichgewichtsverhältnisse (Reitergewicht auf dem Rücken)
- Psychische und mentale Einstimmung (Wechsel der Umgebung).
⚠️ 20 Minuten Schritt in der Führmaschine ersetzen deshalb auch nicht das Schrittreiten unterm Reiter!
5 Schritte für ein ideales Aufwärmen deines Pferdes
Ich sage es immer wieder – JEDES Pferd ist ein Sportler! Ganz egal, auf welchem Niveau du unterwegs bist. Also sollte es auch wie ein Sportler auf seinen Sport vorbereitet werden. Eine gute Aufwärmphase könnte also wie folgt aussehen:
Schritt 1: Aufwärmen deines Pferdes
Du tust deinem Pferd und seinem Rücken etwas Gutes, wenn es zunächst 10 Minuten ohne Reitergewicht gehen darf. Schritt führen oder eine Runde ums Feld spazieren bewegt den ganzen Körper deines Pferdes durch, schmiert die Gelenke, steigert die Durchblutung und aktiviert alle Stoffwechselprozesse die wichtig sind, um die Verspannungen im Gewebe zu lösen.
Die Schulterblätter bewegen sich gleichmäßig vor und zurück, die Kruppe geht auf und ab und schwingt dabei nach rechts und nach links. Dein Pferd macht beim Gehen den Hals lang und lässt ihn fallen, der Rücken kommt zum Schwingen.

👉In meinem Rücken Relax Plan gehe ich übrigens ganz konkret auf diese viel zu oft unterschätzte Reha-Maßnahme für Pferde mit Rückenproblemen ein. 🤩
Der angenehme Nebeneffekt: Durch das Gehen wirst du dich automatisch auch aufwärmen. 🏃♀️😄
Schritt 2: Aufwärmen deines Pferdes auf Zirkeln („leichtes joggen“)

Wir reiten im Trab und danach im Galopp, auf geraden Linien oder großen Zirkeln, ohne dabei zu viel zu verlangen.
Die Körpertemperatur des Pferdes steigt somit langsam und seine Gelenke werden durch die natürlichen und einfachen Bewegungsabläufe warm.
Eine schöne Möglichkeit des Aufwärmens sind Schlangenlinien mit 3 oder 4 Bögen. Sie tragen sie dazu bei, dass Muskeln, Gelenke und Bänder immer im Wechsel nach rechts und nach links gedehnt werden. Beginne mit großzügigen Schlangenlinien durch die ganze Bahn, die allmählich immer kleiner werden.
Super sind auch Schritt-Trab-Übergänge und Trab-Galopp-Übergänge auf dem Zirkel um die Bauchmuskeln zu aktivieren.
(Bauchmuskeltraining ist Prio #1 für einen starken Rücken!)
Schritt 3: Vergrößere beim Aufwärmen die Bewegungen der Gelenke deines Pferdes („Fersen- und Knieanziehen“)

Reite in allen drei Gangarten über Bodenstangen, um die Gelenke deines Pferdes beweglich zu machen und um ein wenig mehr an den Sehnen und Bändern zu arbeiten. Außerdem ist Stangenarbeit ganz hervorragendes Bauchmuskeltraining. 😀
Legst du die Stangen flach, trainierst du eher die Schubkraft, legst du die Stangen hoch, wirkt das Training eher mobilisierend. Das Pferd sollte im Takt ohne Anstrengung darüber kommen, dann war die Vorbereitung gut und der Abstand passt.
👉Achtung: Läuft dein Pferd zu eilig über die Stangen, werden die Bauchmuskeln oft nicht genug angespannt und der positive Effekt verpufft. 💨
Schritt 4: Vergrößere die Bewegungen der Gelenke deines Pferdes zu den Seiten

Jetzt kannst du einige einfache Übungen in allen drei Gangarten in den Seitengängen einbauen (Schulterherein, Zirkel vergrößern und verkleinern, Kehrtvolten…).
Schenkelweichen wärmt die Gelenke ebenfalls auf und lässt die Abduktoren und Adduktoren arbeiten.
So gymnastizierst du dein ganzes Pferd und vergrößerst den möglichen Bewegungsumfang der Gelenke. (Range of Motion, ROM)
Schritt 5: Verstärke das Tempo deines Pferdes (gleiches Prinzip wie bei den Sprints)
Baue Tempounterschiede ein und lege immer mal wieder kurz im Tempo zu, um die Belastung und die Herzfrequenz deines Pferdes langsam zu steigern. 🐎🏃♀️
Kannst du beim Aufwärmen deines Pferdes bereits vor dem Traben galoppieren?
Dazu kann ich aus Erfahrung sagen: Ja, das ist in den meisten Fällen kein Problem.
Es ist sogar vorteilhaft für Pferde mit Rückenschmerzen!
Im Trab gibt es wenige (fast keine) Beuge- und Dehnbewegungen, die Bewegungsabläufe sind klein. Die einzigen Beuge- und Dehnbewegungen, die dabei auftreten, sind passiv und werden von der Masse der Eingeweide (gut 200 kg!!) ausgelöst. Der Rücken versteift sich daraufhin, um die Zugkräfte der Eingeweide auf die Wirbelsäule auszugleichen. Für dein Pferd sind also kräftige Bauchmuskeln unverzichtbar. Sie stützen die Wirbelsäule von unten und machen den empfindlichen Pferderücken fürs Reiten stark.
Im Galopp hingegen sind die Beuge- und Dehnbewegungen aktiv und mit der Bewegung der Eingeweide verbunden. Dies tut dem Pferd weniger im Rücken weh.
Wenn dein Pferd also unter Rückenschmerzen leidet, probiere es doch einfach einmal aus und schaue, wie dein Pferd reagiert. 😊
Wärme dein Pferd auf, koche es nicht ab!
Leider sehe ich vor allem auf Turnierplätzen oft, dass die Pferde in der Vorbereitung zur Prüfung ziemlich „abgekocht“ werden. 🥵
Wenn dein Pferd schon beim Lösen schweißgebadet und völlig außer Atem ist, kann es in der folgenden Arbeitsphase, also in der Prüfung (!) nicht mehr die geforderte Leistung bringen. Muskelermüdung und Atemprobleme führen zu einer Verkrampfung der Muskulatur, damit zu einer Verringerung der Durchblutung und zur Übersäuerung.
Ein erschöpftes Pferd, von dem der Reiter nun noch Leistung verlangt, wird Fehler machen und die Verletzungsgefahr steigt enorm. Du solltest also deine Vorbereitungszeit gut planen! 🙃⏰
Richtiges Aufwärmen deines Pferdes auf dem Turnier

Vor allem für Turnierreiter ist es auch wichtig, die Lösephase möglichst direkt vor die Arbeitsphase, also die Prüfung, zu setzen.
Der positive Effekt eines Aufwärmtrainings hält etwa fünf bis zehn Minuten an!
👉Für deinen Turnierstart heißt das: Sollte eine Prüfung überraschend unterbrochen werden oder solltest du dich mit der Zeitplanung total vertan haben, bringt es nichts, nach dem Lösen einfach abzusteigen und kurz vor dem Start wieder aufs Pferd zu steigen, nach dem Motto „abgeritten habe ich ja schon“. Nach rund 30 Minuten ist vom Aufwärmeffekt nämlich nicht mehr viel vorhanden, dein Pferd müsste also neu vorbereitet werden.
Und wie sieht deine Aufwärmphase für dein Pferd aus?
In meinem Rücken Relax Plan für Pferde mit Rückenproblemen habe ich übrigens unfassbar viele weitere Profi-Tipps rund um die Rückengesundheit deines Pferdes gebündelt. Schnapp ihn dir schnell!